Personalisierung im E-Commerce: Leonard Verweyen im Interview

Mit einem geschätzten Umsatz von 55 Mrd. Euro im Jahr 2017 allein in Deutschland nimmt der Online-Handel weiterhin an Bedeutung zu. Um nicht in der Masse der Shops und Anbieter unterzugehen wird es für Online Händler immer wichtiger, sich von der Konkurrenz abzuheben. Ohne eine mobil-optimierte Seite geht heute sowieso gar nichts mehr – da sind sich inzwischen alle einig. Doch reicht das?

Leonard Verweyen im Interview
Leonard Verweyen über die Personalisierung im E-Commerce (Foto: Startups-im-Internet)

‚Noch lange nicht‘, behauptet unser Interview-Gast Leonard Verweyen, IT Consultant bei LVIT: ‚Kunden wollen heutzutage auch und gerade im Online Shop ein gewisses Kauferlebnis erfahren. Am besten funktioniert das, wenn die Betreiber es schaffen, während der gesamten Costumer Journey ein personalisiertes, vom Endgerät unabhängiges Kauferlebnis zu schaffen.‘

Das klingt vielversprechend. Aber wie genau lässt sich das für E-Commerce Betreiber umsetzen?

Es gibt inzwischen einige Möglichkeiten, einen einfachen Online-Shop mit statischem Content in einen dynamischen, Conversion-optimierten E-Commerce Store umzuwandeln. Mithilfe von Plattformen wie der Salesforce Commerce Cloud ist es für uns nicht nur möglich z.B. Kampagnen und Promotions im Handumdrehen umzusetzen, sondern durch künstliche Intelligenz können wir jeglichen Content dynamisch an den potentiellen Käufer anpassen. Die Plattform analysiert dabei den Kunden in real-time anhand seines Verhaltens auf der Webseite, den Produktdaten, vorheriger Einkäufe und einigen weiteren Faktoren. So können für jeden Kunden oder kaufinteressierten Besucher des Online-Shops durch seine Verhaltensmuster und mithilfe von definierten Datenmodellen durch Machine Learning die besten Produktvorschläge, personalisierte Beschreibungen, optimierte Sortierungen und vieles mehr bereitgestellt werden. Vergleichen Sie das mit dem stationären Handel: Hier würde das Verkaufspersonal niemals einem männlichen Kunden einen Damenschuh zum Kauf vorschlagen. Wieso passiert das dann heute in vielen Online-Shops immer noch? Die Shops von morgen kennen Ihren Besucher und wissen genau, nach was er sucht. Das spart nicht nur Zeit beim Kunden, es erhöht auch die Conversion. Außerdem sind die gewonnenen Daten für die Unternehmen Gold wert. Zukünftige Marketingkampagnen, wie zum Beispiel Retention-Werbung, können somit viel zielgerichteter und effizienter auf die Bedürfnisse und Wünsche der einzelnen Kunden angepasst werden; Die Unternehmen lernen wie ihre Kunden bei ihnen einkaufen und können diese Daten für Cross und Up-Selling nutzen.

Kunden wollen individuell behandelt werden: Egal ob stationärer Handel oder Online-Shop. Wie können Betreiber von Online Shops die individuelle Behandlung weiter fördern?

Schon eine persönliche Ansprache durch Nennung des Namens von eingeloggten Kunden hat eine positive Auswirkung auf die Conversion. Das konnten wir in vergangenen Projekten bereits herausfinden. Darüber hinaus haben die E-Commerce Betreiber viele weitere Möglichkeiten ihre Kunden persönlich abzuholen. Die bereits genannten Maßnahmen wie individuell konfigurierte Angebote für Bestands- und Neukunden, persönliche Produktempfehlungen und die Möglichkeit zum Cross-Device Shopping sind dabei nur einige. Darüber hinaus sollten Online-Shop Betreiber über die Einführung von personalisierten OnSite-Suchen, A/B-Tests, personalisierten Nachrichten und dem individuellen Kundenwunsch angepassten Landingpages nachdenken. Die Möglichkeiten sind hier nahezu unbegrenzt. Doch sollte der Kunde auch nach Abschluss des Kaufvertrags vom Anbieter nicht enttäuscht werden. Fragen zu Lieferzeiten oder Umtauschmöglichkeiten sollten best- und schnellstmöglich beantwortet werden. In vielen Fällen bietet sich hierbei ein Chatbot an – jedoch nur wenn das Kundenerlebnis darunter nicht leidet.

Wäre dann auch ein Dynamic Pricing Modell denkbar?

Selbstverständlich. Dynamic Pricing ist dann nur noch die Spitze des Eisberges. Unter Berücksichtigung des Kundenverhaltens und der Kaufhistorie können die Margen durch Dynamic Pricing weiter erhöht werden. Das freut die Anbieter, kommt nur nicht bei jedem Kunden gut an, wenn er dahinterkommt. Also hier bitte vorsichtig sein!

Das klingt nach sehr viel Aufwand. Lohnt sich so etwas überhaupt für kleinere Online Shops?

Salesforce beispielsweise hat sich mit seiner Commerce Cloud auf KMUs spezialisiert. Der Implementierungsaufwand hält sich dank der intelligenten Online-Shop-Funktionen in Grenzen. Die wichtigsten Integrationen wie Warenkorb, Benutzerabläufe, Payment-Lösungen, Produktbewertungen und vieles mehr sind bereits vorkonfiguriert und müssen nur an den Betreiber angepasst werden. Das bedeutet aber nicht, dass dieser dadurch in seinen Möglichkeiten beschränkt wird. Alles bleibt an die bestehenden Prozesse des Händlers anpassbar und skalierbar. Aber Salesforce ist natürlich nur einer von vielen Anbietern, es gibt weitaus mehr Lösungen für KMUs. Denn gerade kleinere Online-Shops sollten versuchen sich über ein größtmögliches Kauferlebnis von den Giganten wie Amazon, Zalando und Co. abzuheben. Das erhöht die Kundenzufriedenheit und somit auch Wiederkaufs- und Weiterempfehlungsbereitschaft.

Viele unserer Leser betreiben bereits einen Online-Shop. Gibt es Möglichkeiten diese Techniken in bestehende Shop-Lösungen zu integrieren?

Ja, die gibt es! Bestehende Online-Shops sollten schon jetzt damit anfangen, die Produktvorschläge einer KI Engine zu überlassen. Das ist sogar in WordPress Shops recht einfach implementierbar und führt garantiert zu Umsatzsteigerungen. Darüber hinaus können die gesammelten Daten in brauchbare Erkenntnisse umgewandelt und zur Weiterentwicklung des Shops herangezogen werden. Als nächster Schritt wäre die Einführung einer personalisierten Suche hilfreich und wichtig. In abgeschwächter Form ist das vergleichbar mit Google: Die Suchergebnisse werden je nach Vorlieben des Users aufbereitet und sortiert. Langes scrollen zum richtigen Eintrag oder mehrfache Suchanfragen bis das richtige Ergebnis erscheint langweilen den User und führen dazu, dass er den Kauf abbricht. Nach wie vor steht die Usability des Shops natürlich ganz oben. Durch den Einsatz von selbstlernenden KI’s möchten wir diese erhöhen und den Besuch des Shops zum Kauferlebnis machen. Je früher der E-Commerce-Betreiber damit anfängt, desto eher kann er davon profitieren!

Vielen Dank für das Gespräch Herr Verweyen!

Über Startups-im-Internet 59 Artikel
Dieser Blog beschäftigt sich mit den zahlreichen interesanten und kreativen Neugründungen und stellt diese Startups mit einem eigenen Artikel vor. Du hast ebenfalls ein interessantes Startup gelauncht und möchtest es auf unserer Seite vorstellen? Alle Infos dazu findest Du hier: Startup vorstellen